Counterintelligence

Der Volksmund sagt: Bescheidenheit ist eine Zier – doch weiter kommt man ohne ihr. Fraglich ist allerdings, wie weit damit die Geheimdienste der EU tatsächlich kommen werden. Zu viel Prahlerei und Auftrumpfen hat ihnen jedenfalls bisher nicht geholfen – dafür aber die Zulieferung der USA und der britischen Geheimdienste. Es wäre ratsam, sich gegenüber diesen etwas demütiger zu verhalten, denn man hat leider wenig bis nichts in der Hand, um sich wirksam und dauerhaft vor Spionage und Terrorismus zu schützen. Außer einem enormen Verwaltungsapparat, kafkaesken Verfahrensabläufen und immer weiter ausufernden Kontroll- und Regulierungsinstitutionen können die zuständigen Geheimdienste der EU-Staaten terroristischen Planungen kaum etwas entgegensetzen. Jetzt wird aber alles besser! Laut diversen Berichten würden in der künftigen Regierungskoalition bereits Forderungen laut, die eigenen Dienste aus- und umzubauen. Man müsse jetzt mehr tun usw… 

Wer sich etwas länger als über eine langweilige Wahlperiode hinweg mit dieser Thematik beschäftigt, wird sich daran erinnern, dass diese wohlfeilen Worte nicht seit Jahren, sondern seit Jahrzehnten durch den parlamentarischen Raum und darüber hinaus  wabern. Es passiert aber nichts und ganz im Gegenteil: Alle Schritte, die unternommen werden, verschlechtern die heimische Situation und haben im übrigen weniger mit inhaltlichen Fachthemen, sondern mit noch mehr Bürokratie zu tun.

Die Süddeutsche Zeitung titelte kürzlich: „Kein Verlass mehr“ – In Deutschland schwindet das Vertrauen in US-Geheimdienste.

Was wird wohl ein Leser aus den USA denken, wenn er einen weiteren Artikel liest, der den Titel „Russische Sabotage-Agenten in Deutschland abgetaucht – trotz Verfolgung“ trägt? Dort ist nachzulesen, dass die Deutschen – mal wieder – einen Tipp aus dem Ausland bekommen hatten und damit die Gelegenheit bekamen, ein angebliches Team des russischen Militärgeheimdienstes GRU abzufangen bzw. zu observieren. Dieses Team soll angeblich Anschläge in Deutschland planen. Der Leser aus den USA liest in diesem Artikel aus dem Focus dann weiterhin: ” Trotz aller Bemühungen verloren die Behörden schließlich die Spur des Fahrzeugs. Die Verdächtigen waren in Deutschland abgetaucht…”

Möglicherweise wird ein künftiger Text in der Süddeutschen Zeitung lauten: „Kein Verlass mehr“ – In den USA schwindet das Vertrauen in  deutsche Geheimdienste.

Die politischen Entwicklungen in den USA und die Allüren der Regierung Trump sind das eine. Das andere ist jedoch, dass Deutschland begreifen sollte, dass es bei der geheimdienstlichen Kooperation und Arbeit nicht um ein weiteres Instrument „werteorientierter Außenpolitik“ handelt, zu finden im Baukasten des Proseminars „Ethik und Völkerrecht für Einsteiger“. Warum fällt es Deutschland so schwer, sich an den Begriff der Geopolitik mitsamt all ihren Härten und Nüchternheit abzufinden? Das offizielle Geständnis des BND, dass man in seinen Reihen auch das Lügen beherrschen müsse, kann man daher getrost als Zeitenwende bezeichnen. Man solle „auf jeden Fall kein Problem damit haben, Lügen zu müssen. Wenn man ein Problem damit hat, wäre man beim BND falsch.“ Na also, es geht doch! 

Aber alles, was noch schlimmer ist als Lügen, das macht man nicht, pfui! Und das ist das deutsche Dilemma: Man will sich nicht die Hände schmutzig machen, also führt man besser keinen Krieg gegen den Terrorismus, sondern lässt das die anderen machen. Man nimmt zwar die Informationen, die aus finsteren Verhörzellen zu einem gelangen, aber selbst Hand anlegen kommt nicht in Frage. In Afghanistan stationierten sich die Deutschen lieber in einer etwas sicheren Region im Norden. Als dann die Verbündeten – in dem Fall die USA – nach Unterstützung im gefährlicheren Süden baten, übte Berlin vornehme Zurückhaltung.

Insofern: Auf wen ist eigentlich kein Verlass?