Counterintelligence

Meistens gibt es beim politischen Agieren vor, während und nach einer Regierungsverantwortung erhebliche Unterschiede. Gewöhnlich läuft es so ab: Vorab wird munter gefordert. Nach Übernahme der Regierungsverantwortung wird dann weniger gefordert und vergessen oder aber ein wenig lustloses Brainstorming zu Papier gebracht. Dann sieht man zerknirscht zu, wie das Porzellan zerschlagen wird. Und nach unfreiwilliger Rückgabe der Regierungsverantwortung (= Wahlen) kann man wieder fordern, denn man hat ja nunmehr keine allzu große Verantwortung. 

Das ist leicht verkürzt auch der Ablauf jener Politik, mit der man sich in der EU und speziell in Deutschland gegenüber China und seinen bösen Machenschaften zu positionieren gedachte. Es gab diverse Papiere, mal war es De-Risking, dann De-coupling. Zwischendurch artikulierte man aufgrund diplomatischer Unreife recht eigenwillig und verließ damit den Pfad traditioneller Kommunikation. Letztendlich war es doch ein ewiges Einknicken vor den geopolitischen Zwängen und der Abhängigkeit der nationalen Industrie von der Realität des globalen Handels. Dazu kam die Einsicht in die eigene Schwäche. Man sah es also stillschweigend nicht mehr ganz so eng und ließ den Kräften des Marktes freie Hand. Firmen aus dem Dunstkreis sanktionierter Technologien konnten problemlos weiterhin in Deutschland Präsenz zeigen.

Was nützen auch die wortreichsten Erklärungen, wenn man sich einfach nicht daran hält? Oder sich vielleicht nicht daran halten kann? 

Um nochmals auf den Begriff der Sanktionen zurück zu kommen: Es dürfte bekannt sein, dass der Transport von Plutonium von beispielsweise Hamburg nach Pjöngjang gegen diverse Sanktionen verstoßen würde. Transportiert man stattdessen eine Aktentasche oder einen USB-Stick mit den Unterlagen zur Herstellung von Plutonium nach Pjöngjang, so ist dies ebenfalls ein Verstoß gegen bestehende Sanktionen. Wird das notwendige Wissen im Gehirn eines nordkoreanischen Physikers von Deutschland nach Nordkorea transportiert, so verstößt man ebenfalls gegen Sanktionen. Das gilt auch für die Zeit davor, in der dieser Physiker in Deutschland die relevante Expertise bilden konnte.

Es gibt internationale und nationale Sanktionen. Manche Institutionen werden von Land A, jedoch nicht von Land B sanktioniert. Bestimmte Indizien sollten genügen, einzelne Entitäten zu sanktionieren oder aber ihnen grundsätzlich zu misstrauen. Liegen entsprechende Beweise vor, dann ist es ein Rätsel, wieso manche Länder von der Sanktionierung absehen. Diese Ignoranz kann man mindestens als Naivität bezeichnen.

Großbritannien gehört derzeit nicht zur EU – aber ist dennoch zuweilen auch von Naivität gepackt. Wie kann man es sonst erklären, dass eine ehrwürdige Universität – nämlich jene zu Manchester – weiterhin stolz auf ihre Kooperation mit der chinesischen Aero Engine Corporation of China (AECC) verweist? Das Beispiel  Manchester zeigt ein sehr komplexes Biotop, in dem sich extrem sensible Interessen überlappen und verschiedene politische und wirtschaftliche Strömungen aufeinander prallen. Es ist aber auch ein Beispiel dafür, wie sehr beim Umgang mit China Anspruch und Realität auseinander liegen können. Geht es nach der Vorstellung der chinesischen Regierung, so soll die AECC als Konkurrent der westlichen Industrie weiter ausgebaut werden. Zudem aber hat sie eine große, militärisch ausgerichtete Sparte und gilt als führend in der chinesischen Forschung zur militärischen Luftfahrt. Sie fällt daher unter die CMIC-EO13959 Regelung der USA, welche sich gegen chinesische militärische Firmen richtet.

In gewohnter Zuverlässigkeit führt die EU Sanktionsdatenbank die AECC nicht auf. Sie ist offenbar nicht so wichtig, da sie nur ein paar unwesentliche Dinge für die Luftwaffe Chinas, Drohnen, Turbinen und ähnliche Spielereien baut.

Im Juli 2024 erläuterte das britische Fachmagazin Janes:

China’s intent to enhance self-reliance in military aero-engines is motivated by several factors. These include long-standing Western military sanctions, limited access to Russian military engine technologies, and the strategic advantages associated with the provision of locally produced engines for locally produced military aircraft.

Und um das zu erreichen, wurde im Rahmen einer Neustrukturierung der chinesischen Industrie unter anderem AECC geschaffen. Insofern ist es sehr wohl von Bedeutung, auf diese Firma zu schauen – auch vom Standpunkt der Sanktionen her.

Ach ja, was waren das noch für Zeiten, als Siemens beim 9. Deutsch-chinesischen Forum für wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit am 9. Juli 2018 über eine „fruitful week“ jubelte:

Siemens signed the agreements in Berlin with another two companies, Aero Engine Corporation of China and China Electronics Technology Group Corporation, to jointly launch comprehensive cooperation in the field of digital manufacturing.

Beide Firmen stehen heute auf Sanktionslisten (ich meine damit jene aus China).

Es ist offensichtlich auch für deutsche Firmen und Universitäten unrealistisch, sich von AECC und ähnlichen Firmen fernzuhalten, sich zu entkoppeln. Im Jahre 2022 trat AECC als Annual Platinum Sponsor einer Konferenz auf der schönen Insel Kreta in Erscheinung. Mittendrin auch deutsche Konzerne und Forschungseinrichtungen. Egal ob bei einem Symposium September 2024 in Shanghai oder einer Konferenz Dezember 2024 in Bangkok: Es wird gesponsert und vorgetragen, es werden Geschäfte angebahnt – es läuft alles weiter wie gehabt und Deutschland ist dabei.

Ebenso wie bei meinem Beispiel zu Pakistan wird die Realität etwaiger Sanktionsumgehungen bereits anhand weniger Informationsschnipsel deutlich. Diese verweisen auf einen ungetrübten akademischen Austausch, der sich nicht selten in praktischen, kommerziellen Projekten niederschlägt. Es fällt jedenfalls auf, dass auch im Falle streng sanktionierter Institutionen die deutsche Wissenschaftslandschaft beide Augen zudrückt – wie bereits in den Jahren zuvor. Trotz intensiver Berichterstattung dazu – die spannende Recherche aus dem Jahre 2022 war nur eine von mehreren – wird diese Praxis unverdrossen fortgesetzt. Man kann sich also fragen, ob es überhaupt dafür zuständige Behörden gibt, die darauf achten, dass Deutschland nicht immer wieder in den entsprechenden Berichten der UN, des US OFAC und anderen genannt und mindestens der Beihilfe zur Sanktionsumgehung beschuldigt wird. Dies wird sich unter der neuen Regierung in den USA voraussichtlich verstärken und könnte auch finanzielle Folgen für deutsche Firmen und Institutionen haben.

Unabhängig – ich wiederhole mich – von der selbstverständlich geltenden Unschuldsvermutung kann man einen großen Personenkreis an chinesischen Staatsangehörigen identifizieren, der einen heiklen Hintergrund hat. Heikel bedeutet hier: Studium an sanktionierten Einrichtungen, Arbeiten in militärischen Forschungsbereichen in China, Forschung an sensiblen Technologien in Deutschland, Rückkehr an chinesische militärische Forschungseinrichtungen oder wechselnde Forschungsaufenthalte in China und Deutschland – jeweils befasst mit sanktionierter oder kritischer Technologie.

Als Beispiel 1 könnte man diese Person nennen, die seit 2022 an einer deutschen technischen Universität forscht.  Von 2012 bis 2016 war sie an der Northwestern Polytechnical University (NWPU), welche sanktioniert ist und an streng geheimen Forschungen teilnimmt. Von 2016 bis 2019 an der Beihang University, auch bekannt als Beijing University of Aeronautics and Astronautics, ebenfalls sanktioniert. Danach erneut NWPU, dann eine deutsche Universität und ab 2022 an einer anderen deutschen Universität.

Beispiel 2 ist andere interessante Person, die von 2007 bis 2010 an der erwähnten Beihang University war, von 2010 bis 2014 am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), von 2015 bis 2018 an der sanktionierten Beijing University of Technology und seitdem ist sie wieder in Deutschland, quasi in Warteposition – aber worauf?

Bei der Einreise der folgenden Person, Beispiel 3, war vermutlich Feiertag bei den dafür zuständigen Behörden, denn man müsste sich ansonsten fragen: Warum durfte in diesem Fall überhaupt bundesdeutscher Boden betreten werden? Seit Jahren hat diese Person eine Professur an einer technischen Hochschule in Deutschland, zugleich ist sie jedoch auch für ein gewisses Labor in Peking tätig, welches sich verdächtig intensiv mit Cyberangriffen beschäftigt. Von 2000 bis 2004 war sie an der East China Normal University. Diese ist u.a. mit Militärforschung beschäftigt. Diverse politisch und administrativ exponierte Mitglieder der Chinesischen Kommunistischen Partei haben übrigens dort ihre Wurzeln. Von 2004 bis 2009 war diese Person an der Shanghai Jiao Tong University (SJTU). Diese hat einen legendären Ruf, der offenbar bisher nicht in die Amtsstuben vorgedrungen ist – warum auch, wenn selbst die EU Sanktionen diese Universität nicht weiter erwähnen:

Die SJTU ist berüchtigt, sowohl für ihre Militärforschung als auch ihre Verbindungen in den Bereich Cyberangriffe und Hacking. Schaut man in Kataloge akademischer Publikationen, so kann man feststellen, dass diverse Aufsätze über die Technik des Eindringen  in fremde Computer gemeinsam mit der Unit 61398 geschrieben worden sind, also einem militärischen Partner. Angriffe auf Firmen in den USA ließen sich zu Computern in der SJTU zurückverfolgen. Verschiedene Spionagefälle stehen ebenfalls in Verbindung zur SJTU.

Am 24. Januar 2025 konnte man im China Policy Monitor No. 1621 des American Foreign Policy Council (AFPC) folgendes lesen:

The University of Michigan has initiated the six-month process required to officially sever its partnership with Shanghai Jiao Tong University. The decision comes after charges were filed in October against five Chinese students in the joint program over their suspicious activities outside Camp Grayling, Michigan, and their subsequent lying about the incident. In August 2023, the students were discovered after midnight near the remote U.S. military site during a large-scale military drill.

Von 2009 bis 2013 war die Person dann an der bereits erwähnten Beihang University und seit 2014 ist sie als Professor in Deutschland tätig.

Man könnte noch zahlreiche weitere Beispiele nennen – um nur bei den wissenschaftlichen und nicht politisch tätigen Personen zu bleiben! Von letzteren „schlafen“ nämlich auch eine Menge in Deutschland, manche sind auch aktiv, zum Teil als EU Reisekader. Einige davon sind direkt an die parteipolitischen Strukturen chinesischer Konzerne angebunden. Im übrigen sind einzelne Personen, die im deutschen Wissenschaftsbetrieb eine wichtige Position innehaben, Anlaufpunkte für beispielsweise Doktoranden, die aus China gezielt an diese Personen herangeführt bzw. verwiesen werden, um dort die erwünschten Forschungen zu koordinieren oder Anweisungen zu erhalten. Dies ist nicht die Regel, aber auch nicht die Ausnahme. Ich gehe mal davon aus, dass die deutschen Sicherheitsbehörden dies umfassend und kenntnisreich im Fokus haben.

Ich komme daher zur letzten Person, Beispiel 4, die von 2005 bis 2009 an der Wuhan University war, welche neben ihrer Militärforschung im Zusammenhang mit Cyber Spionage bekannt geworden ist. Zudem kooperiert diese Universität mit nordkoreanischen Wissenschaftlern. Eine taiwanesische Quelle hat Berichte bestätigt, nachdem von Computern der Wuhan University Angriffe gegen kritische Infrastrukturen in Taiwan durchgeführt werden. 

Von 2009 bis 2011 war die Person an der National University of Defense Technology (NUDT) – welche auch wieder ein besonders krasses Beispiel darstellt. Die NUDT ist – hat es jemand geahnt? – natürlich nicht in der EU Sanktionsliste eingetragen. Im Gegenteil: Bereits 2015 führte die  US Trade Consolidated Screening List (CSL) diese Eliteuniversität des chinesischen Militärs auf, dennoch konnte sie beispielsweise im Mai 2021 neben einigen anderen Vertretern Chinas in Brüssel präsentieren:

 

Selbst das chinesische Militär hatte in seinem White Paper 2019 auch die notwendige Umstrukturierung der NUDT hervorgehoben und damit seine Relevanz betont, aber das würde hier zu weit führen. Fest steht: Wer an dieser Institution studiert oder forscht, hat eine militärische Ausrichtung in seiner Arbeit.

Nach der NUDT forschte die Person für ein Jahr an einer deutschen technischen Hochschule und ging dann im Anschluss von 2017 bis 2019 an die Southeast University. Diese wurde bereits im März 2012 in einem Bericht der U.S.-China Economic and Security Review Commission als verdächtige Institution genannt und hat seitdem eine Entwicklung genommen, die für westliche Geheimdienste eigentlich nur als bedrohlich interpretiert werden kann. Einige der Forschungsprojekte der Southeast University werden vom chinesischen Geheimdienst, dem Ministry of State Security (MSS) gesponsert.

Das aber hat der weiteren Karriere der hier aufgeführten Person in Deutschland nicht weiter geschadet – weil es offenbar niemanden interessiert hat: Seit 2019 arbeitet die Person an einer deutschen technischen Hochschule.

Es bleibt die grundsätzliche Frage, wie man sich als Staat diesen Entwicklungen gegenüber positioniert und verhält. Was ist realistisch? Ich hatte bereits mehrfach in anderen Publikationen dargestellt, warum die aktuell praktizierten Sanktionen relativ wenig bringen oder zuweilen das Gegenteil bewirken. Das betrifft unter anderem Staaten wie Russland, Iran, China oder Nordkorea. Diese auch von anderen Experten vertretene Ansicht wird anscheinend ungerne zur Kenntnis genommen, denn sie stellt einen politischen Anspruch in Frage, den man nicht bezweifelt haben möchte. Äußerungen des Auswärtigen Amtes oder der Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik Deutschland zu Fragen der Proliferation sind daher häufig nicht faktenbasiert, sondern reines Wunschdenken. Sanktionsumgehungen und Proliferation stellen Phänomene dar, die nicht ideologisch, sondern pragmatisch behandelt werden müssen. Insofern ist es überflüssig, in hübschen Publikationen oder bei gewissen Fachtagungen seit Jahren ähnlich lautende Behauptungen zu verbreiten. Die Umstände, innerhalb derer sich Sanktionsumgehungen abspielen, haben sich strukturell geändert – offenbar zu schnell für die gewisse Behörden. 

Es wäre interessant zu wissen, wie hierzu der Informationsaustausch zwischen BND und BfV abläuft. Ohne diesen Austausch ist eine effektive Bekämpfung der Proliferation, insbesondere in Form des Wissenstransfers nach China, überhaupt nicht realisierbar. Den zuständigen Behörden wird hoffentlich klar sein, dass bei diesem für China wichtigen Transfer nichts dem Zufall überlassen ist oder die chinesischen Doktoranden autonom in Deutschland agieren könnten. Mal abgesehen davon, dass China verstärkt auch nicht-chinesische Wissenschaftler nutzt. Der Transfer ist Teil einer schon vor Jahren in die Wege geleiteten, komplexen Planung, die man einzelnen Behörden und speziellen Organisationsformen im chinesischen Verwaltungsapparat zuordnen kann. Diese verfügen über etliche weltweite, getarnte Ableger, auch in der EU und in Deutschland. Unterstützung kommt von anderen chinesischen Tarnorganisationen, die jahrzehntelange Erfahrungen im Gastland sammeln konnten. Die Planungen dieser Strukturen sind nicht in Stein gemeißelt, sondern werden unregelmäßig, je nach Bedarf angepasst und geändert. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die Aufenthalte und Forschungsaktivitäten einzelner chinesischer Staatsangehöriger in den jeweiligen ausländischen Forschungsinstituten und Hochschulen. 

Der BND könnte beispielsweise Informationen aus zwei Institutionen beschaffen: 

  • Standing Committee of the Political Bureau of the Communist Party of China Central Committee 
  • National Committee of the Chinese People’s Political Consultative Conference (CPPCC)

Insbesondere die Planungen der CPPCC zum Talent Pool sind von Interesse, denn hier geht es unter anderem einerseits um die Personen, welche mit der entsprechenden Parteidisziplin an ausländische Institute entsandt werden können. Andererseits geht es um jene Personen, die schon vor Ort sind, aber denen es ein wenig an Disziplin und Orientierung mangelt. Dafür arbeitet man an Standards, um – in interneren Dokumenten werden beide Begriffe kurzerhand verknüpft –  „wissenschaftliche Ethik und internationale Kooperation“ zu optimieren. Dies geschieht natürlich im Interesse eines prosperierenden Chinas.

Kurz ein Abstecher in die politische Agitation Chinas: Dass das CPPCC ungestört auch in Deutschland die Sicht der chinesischen Partei bewerben kann, entgeht hoffentlich nicht den deutschen Sicherheitsbehörden. Man darf also unterstellen, dass sie ein erst kürzlich durchgeführtes Treffen mit einer gewissen politischen Stiftung in Berlin genauestens im Visier hatten. Bei diesem Treffen wurden unter anderem die Fortschritte Chinas bei der „Entwicklung“ und „Kultivierung“ Tibets geschildert. Man konnte – so steht es im offiziellen Protokoll – die Verleumdungen des Westens widerlegen und stattdessen die glücklichen und ein gesundes Leben führenden Bewohner Tibets präsentieren. Bei solchen Veranstaltungen werden auch gleich herzliche Bekanntschaften geschlossen und ebenso herzliche Einladungen nach China ausgesprochen. Dass das MSS bei dieser politischen Arbeit ebenfalls eine wichtige Funktion erfüllt, hatte ich bereits 2013 in meinem Aufsatz Chinese whispers. Chinese intelligence capabilities angedeutet. Seitdem hat sich jedoch einiges getan und weiter entwickelt.

Selbstverständlich sollte der BND möglichst gut über diese Planungen informiert sein. Das Wissen darüber muss in ein operatives Vorgehen in Deutschland einfließen – womit das BfV und die jeweiligen Landesbehörden involviert sein sollten. Notwendig ist auch eine aktuell gehaltene Datenbank, in die Informationen zu den diversen chinesischen Overseas Talent Work Stations, Overseas Talent Recruitment Liaison Stations usw. zur Verfügung gestellt werden. Man sollte sich dazu auch einmal genau das Vorgehen des China-ASEAN Technology Transfer Center (CATTC) betrachten. Deren Website ist insgesamt etwas schläfrig geworden, aber dennoch ist man weiterhin aktiv dabei!

Zu den Aufklärungszielen sollten auch jene chinesische Wissenschaftler gehören, die neben ihren Forschungen bereits eine Affinität zu chinesischen kommerziellen und/oder staatsnahen Firmen haben. Einige von diesen sind durch Spionage und Cyberangriffe bekannt geworden. Besonders im militärischen Bereich folgen diese klaren staatlichen Vorgaben. Welche Rolle finanzielle Maßnahmen der Regierung spielen, wurde 2018 in der Untersuchung „China’s Technology Transfer Strategy: How Chinese Investments in Emerging Technology Enable A Strategic Competitor to Access the Crown Jewels of U.S. Innovation“ dargelegt.

Meiner Ansicht nach wird es zwar weiterhin eine Utopie bleiben, jedoch sollte letztendlich das Ziel sein, sich bei der Bekämpfung der Proliferation unabhängig von den Partnern zu machen: Was die USA oder die Briten den deutschen Sicherheitsbehörden an Informationen geben, ist naturgemäß nur das, was sie weitergeben wollen. Um jedoch souverän und im Interesse der eigenen Wirtschaft agieren zu können, sollte sich Deutschland von dieser Abhängigkeit lösen. Neben der Formulierung einer klaren politischen Absicht müsste daher auch über compartmentalization in intelligence nachgedacht werden. Dies steht unmittelbar im Zusammenhang mit einer föderal organisierten, politisierten  Sicherheitsbürokratie, welche von zu viel Redundanz und zu wenig Austausch gekennzeichnet ist. Wird jedoch lediglich eine komplexe und verschachtelte Verwaltung von Sicherheitsrisiken betrieben, so nützt dies nur der flexibel agierenden Gegenseite. Auch hinsichtlich der Umgehung von Sanktionen steht eins fest: China Has Not (Yet) Peaked!